Balladen und Lieder

was immer du bist
Klaus Urban, 1988

wenn du der wald bist, bin ich der wind,
der über dich streicht und dich zum rauschen bringt

wenn du der wind bist, bin ich die see,
die see, die du aufwühlst und schließlich zum brodeln bringst

wenn du das meer bist, bin ich der strand,
bin der sand, den du leckst, bin der fels, an dem die wellen sich brechen

wenn du ein strom bist, bin ich das meer,
das meer, zu dem du fließt, in das du dich ergießt

wenn du ein fluß bist, bin ich dein quell,
bin ich das bett, das du nimmst

was immer du bist, du bist alles für mich
es ist immer wie das erste mal
was immer du bist, ich bin alles für dich
ich verwandle mich tausendundeinmal

wenn du die wolke bist, bin ich die luft,
die luft, die dich trägt und dich über die erde bewegt

wenn du ein berg bist, bin ich die wolke,
die dich umhüllt und sich um deine flanken legt

wenn du ein stern bist, bin ich der astronom,
der dich entdeckt und dir seinen namen gibt

wenn du der mond bist, bin ich der einzige,
der dich bewohnt, bin der mann im mond

wenn du die sonne bist, bin ich der mond,
ihm gibst du licht, ohne dich wär er nicht

was immer du bist, du bist alles für mich,
bist tausendundeinmal neu
was immer du bist, ich bin alles für dich
was immer du bist, bin dir treu

 

friedenslied
Klaus Urban

ich will keine friede-freude-eierkuchen-ruhe
ich will keine friede-freude-eierkuchen-ruhe
ich will ganz offen tun können, was ich tue
ich will ruhe für die unruhe haben

frieden ist kein toter frieden
frieden ist lebendig und frisch
frieden braucht freiheit für den frieden
er ist schöpferisch und kämpferisch

ich will keine friede-freude-eierkuchen-ruhe
ich will kein "ach, was sind wir doch alle lieb"-getue
ich will ganz offen drüber reden, was wir tun
ich will ruhe für die unruhe haben

frieden ist kein toter frieden
frieden ist lebendig und frisch
frieden braucht freiheit für den frieden
er ist schöpferisch und kämpferisch

ich brauch kein friede-freude-eierkuchen-gefühl
ich brauch kein friede-freude-eierkuchen-gefühl
ich brauch distanz und vertrauen, zugleich warm und kühl
ich brauch freiheit, daß ich fühl, was ich fühl

frieden ist kein toter frieden
frieden ist lebendig und frisch
frieden braucht freiheit für den frieden
er ist schöpferisch und kämpferisch


ich fühl mich gut...
Klaus Urban, 1975

ich fühl mich gut,
ich möchte bäume rausreißen,
doch dann kieg ich's mit dem umweltschutzamt.
ich fühl mich gut,
ich möcht 'ne platte zerbeißen,
doch ich weiß heut nicht mal, welchen sänger ich nicht leiden kann.

ich weiß nicht, ich glaub,
s'ist gar nicht gut, wenn man sich gut fühlt,
man sieht die dinge nicht mehr klar.
ich weiß nicht, ich glaub,
s'ist gar nicht gut, wenn man sich gut fühlt,
viele dinge sind dann einfach nicht mehr wahr.

ich fühl mich schlecht,
ich möcht 'nen grabstein pflanzen,
doch irgendwo im feld, das mag das friedhofsamt nicht.
ich fühl mich schlecht,
ich möcht 'ne platte besingen,
doch dann werdn so viele neidisch und das mag ich wieder nicht.

ich weiß nicht, ich glaub,
s'ist gar nicht gut, wenn man sich schlecht fühlt,
man sieht die dinge viel zu klar.
ich weiß nicht, ich glaub,
s'ist gar nicht gut, wenn man sich schlecht fühlt,
viele dinge sind dann einfach wieder wahr - was tun?

ich fühl mich überhaupt nicht,
weiß nicht, was ich bin und wie,
ob männchen, weibchen, kind oder stein.
ich fühl mich überhaupt nicht,
weiß nicht ob ich denke oder bin,
zu spät ist's für die frage: sein oder nicht sein?!

ich weiß nicht, ich glaub,
s'ist gar nicht gut, wenn man fühlt - oder nicht,
ich weiß nicht, warum, weshalb, wozu, für wen ich fühl.
ich weiß den glauben nicht und glaub nicht den gefühlen
und nicht dem wissen um das denken und das sein -
und wie, warum, wieso, was ist jetzt eigentlich los hier?

ich weiß nicht, ich glaub,
ich glaub nicht, ich weiß,
ich weiß, ich glaub nicht,
ich glaub, ich weiß nicht
weiter...